Zerbrechliche Melodien zum Leuchten gebracht
Ein Trio um die Berliner Saxophonistin Henriette Müller spielte in der gut besuchten Münsinger Zehntscheuer auf - eindringlich und dennoch entspannt.
Jung sind die drei Musiker aus Berlin nicht mehr, als "Nachwuchsformation" sind sie kaum noch zu bezeichnen. Dazu sind sie auch zu perfekt eingespielt. Mit absoluter Konzentration und Klarheit bringen Saxophonistin Henriette Müller, Bassist Simon Pauli und Johannes Bockholt am Mini-Schlagzeug Müllers zerbrechliche Melodien zum Leuchten... Die Stille zwischen den Rhythmen lebt, und das Pub- likum atmet mit. Müllers Saxophonspiel zeichnet sich durch einen ungewöhnlich akademischen und doch warmen Ton aus, der in perfekt gespielte Improvisationspassagen mündet.
Die Rollen des Melodieführenden und Rhythmusgebenden wechseln ständig. Auch die beiden Mit- spieler im Trio ziehen alle Register ihres Könnens: Simon Pauli greift und zupft den E-Bass selbst in den oberen Lagen akzentuiert, seine häufig eingestreuten Stegreif-Läufe bleiben stets harmonisch und überraschend. Ebenso druckvoll und umsichtig agiert Johannes Bockholt am Schlagzeug.
Und obwohl die Musiker bewusst auf die Darstellung von technischen Höchstleistungen meist ver- zichten, zwingt vor allem die Bandleaderin Henriette Müller die Zuhörer durch perfekt aufeinander abgestimmte Parts zum aufmerksamen Zuhören. Als würde ihnen das ausschließlich aus Eigenkompo- sitionen bestehende Programm keinerlei Anstrengung abverlangen, gehen die drei Musiker mit lä- chelnder Lockerheit und frappierender Leichthändigkeit zu Werke: Einfühlsam, mit lebendigem Klang und klugen dynamischen Feinabstufungen führt Henriette Müller an, die anderen folgen hellhörig und sensibel.
Eine einfache Rhythmusstruktur beginnt bei den Stücken "Silberne Lachtränen" und "Allegria ma non senza tristezza" von innen heraus zu federn und die Musik fortzutragen. Ein Motivsplitter, mit dem richtigen Gewicht platziert, wendet den Gang der Dinge. Mit einem feinen Sinn für Klangbalance agieren die drei in beinahe heiliger Eintracht.
Fast unmerklich lösen sich da die einzelnen Instrumente aus dem Gruppenverband und tauchen wieder ein, wie aus einem Guss zaubern sie feine Abstufungen, lassen in den Modulationen zeitgenössischer Kammermusik den Klang in verjazzte Regionen abtauchen.